1. Grundsätze:

Im Übergangshaus sind Inhaftierte untergebracht, die einen qualitativ oder quantitativ höheren Betreuungsaufwand benötigen, als er im Regelvollzug geleistet werden könnte.

Die Bediensteten haben gegenüber den Inhaftierten eine professionelle und wertschätzende Haltung. Sie sind sich darüber bewusst, dass sie eine Vorbildrolle haben.

Die Gefangenen haben in ihrem zugeteilten Hausbeamten einen festen Ansprechpartner, zu dem sie ein Vertrauensverhältnis aufbauen können und sollen. Dieses bildet die Basis, aufgrund derer der Inhaftierte seine verhärtete Lebenseinstellung aufgeben und Veränderungen annehmen kann.

Ziel ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Sie erfolgt in drei Schritten: zuerst sollen mögliche Defizite erkannt und eine Vertrauensbasis aufgebaut werden. In einem zweiten Schritt wird der Inhaftierte beim Erwerb entsprechender Kompetenzen begleitet. Es wird abschließend kontrolliert, ob der Inhaftierte die neu erworbenen Kompetenzen umsetzen kann.

Die dazu notwendigen Maßnahmen werden begleitet. Die Betreuer befinden sich mit den entsprechenden internen und externen Ansprechpartnern im Austausch über die Behandlungsmaßnahmen. Sie beobachten, ob die Maßnahme günstig ist und Wirkung zeigt.

 

2. Zielgruppe:

Gemäß Strafvollzugsgesetz soll der Vollzug so gestaltet sein, dass der Inhaftierte unterstützt wird, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern (§ 3 StVollzG). Ziel des Übergangshauses ist es, diese Bestimmungen umzusetzen, indem der Aufbau beziehungsweise Kontakt zu einem sozialen Empfangsraum und eine berufliche Einbindung gefördert werden. Dabei kann ein sozialer Empfangsraum nicht nur aus der Familie sondern auch beispielsweise aus Vereinen zwecks einer sinnvollen Freizeitgestaltung oder einem betreuten Wohnen bestehen. Sofern der entsprechende Bedarf (z.B. Psychotherapie) festgestellt wird, werden die Bewohner an externe Maßnahmen vermittelt und deren Verbindlichkeit nachgehalten.

 

Potentielle Kandidaten für das Übergangshaus sind Inhaftierte mit:

  • Fehlenden sozialen Kompetenzen, also insbesondere Inhaftierte, bei denen folgende Probleme vorliegen:
  • Die Notwendigkeit der Vermittlung von Lebens-, Tages-  und Alltagsstrukturen (z.B. bei ADHS). Dazu gehört neben einer Arbeitshaltung auch ein adäquates Freizeitverhalten.
  • Die Korrektur der Selbstwahrnehmung bei narzisstischen Persönlichkeiten
  • Die Stärkung des Selbstvertrauens bei selbstunsicheren und depressiven Persönlichkeiten
  • Die Vermittlung von Werten und Normen bei dissozialen Persönlichkeiten
  • Ein fehlender oder instabiler sozialer Empfangsraum
  • Eine überdurchschnittlich aufwendige Integration ins Arbeitsleben
  • Das Vorliegen von Schulden (dies ist kein alleiniges Kriterium)

 

3. Voraussetzungen:

Um eine gute und adäquate Betreuung gewährleisten zu können sind bestimmte zeitliche Voraussetzungen notwendig. Konkret soll ein Inhaftierter zumindest 12 Monate im Übergangshaus sein. Die Verweildauer von 24 Monaten soll nicht wesentlich überschritten werden. Ausnahmen sind Lebenslängliche und Inhaftierte mit sehr langen Haftstrafen, da bei diesen Inhaftierten nach dem langen Aufenthalt im geschlossenen Vollzug längere Fristen zur Integration in das Alltags- und Berufsleben erforderlich sind.

Die Aufnahme erfolgt auf freiwilliger Basis. Die Notwendigkeit der Aufnahme in das Übergangshaus wird entweder von Teilnehmern der Vollzugskonferenzen, insbesondere der Konferenzen im Zugangshaus festgestellt, oder aber von dem Inhaftierten selber beantragt.

Über eine Aufnahme wird letztendlich in einer Konferenz des Übergangshauses entschieden. Dabei ist neben der Behandlungsbedürftigkeit eine Behandlungsmotivation des Inhaftierten wesentlich. Diese drückt sich unter anderem darin aus, dass der Inhaftierte seine Problemfelder benennen kann, er bereit ist, seine Schulden zu regulieren und er unterschreibt, dass er in den nächsten 12 Monaten auf eine vorzeitige Entlassung verzichtet.


4. Maßnahmen

4.1. Im Übergangshaus selber:

4.1.1. Im Rahmen der Eingangsdiagnostik wird festgestellt, in welchen Bereichen die Probleme bestehen, welche Maßnahmen sich daraus ergeben und welche Schritte mit dem Inhaftierten vereinbart werden. Die Erkenntnisse der Eingangsdiagnostik speisen sich aus:

  • Informationen aus dem Erstgespräch mit dem Bereichsleiter des Übergangshauses,
  • Der Vorstellungsrunde im Übergangshaus,
  • Der Diagnostik der Fachdienste,
  • Dem Zugangsgespräch mit dem Betreuer unmittelbar nach Aufnahme im Übergangshaus.

4.1.2. Der Betreuungsgruppe, d.h. die Zuordnung zu einem festen Betreuer.

4.1.3. Dem Wochengespräch, also einem intensiven Gespräch zwischen Betreuer und Inhaftierten, welches zumindest einmal in der Woche stattfindet um den aktuellen Sachstand zu besprechen.

4.1.4. Einer Probezeit von drei Monaten, welche die Möglichkeit verschafft, die Behandlungsmotivation des Inhaftierten auf den Prüfstand zu stellen.

 

4.2. Bezüglich des sozialen Umfelds:

Das soziale Umfeld beschränkt sich nicht alleine auf die Familie. Auch soziale Kompetenzen im Umgang mit anderen Menschen allgemein z.B.  den anderen Bewohnern des Hauses, den Umgang mit Behörden und eine sinnvolle Freizeitgestaltung sind Bestandteile. Als Maßnahmen werden angeboten:

 

4.2.1. Freizeitmaßnahmen innerhalb und außerhalb der Anstalt:

Freizeitmaßnahmen dienen zunächst dafür, dem Inhaftierten den Horizont dafür zu öffnen, wie er sein Leben jenseits der Arbeit in Zukunft zufriedenstellender und eigenverantwortlicher gestalten kann. Freizeitmaßnahmen bieten darüber hinaus aber die Gelegenheit, in einem unbefangenen Kontext Kontakt zu dem Betreuer zu entwickeln und somit schneller Vertrauen zu fassen. Der Betreuer hat wiederum die Gelegenheit, das Verhalten des Inhaftierten zu beobachten und Rückmeldung zu geben. Die konkreten Angebote sind in der Anlage aufgeführt.

4.2.2. Die Unterstützung einer ehrenamtlichen Tätigkeit oder eines Täter-Opfer-Ausgleichs. Eine solche ist insbesondere bei Inhaftierten, die nicht mehr arbeitsfähig oder Rentner sind und solchen, die eine Wiedergutmachung leisten wollen, sinnvoll.

4.2.3. Die Hilfe zur Strukturierung des Alltags. Der Inhaftierte erhält Strategien, sein Leben besser zu strukturieren, Aufgaben effektiver zu bewältigen und damit eine höhere Lebenszufriedenheit herzustellen.

4.2.4. Die Kontaktaufnahme und dem Kontakthalten zum sozialen Umfeld z.B. durch Hausbesuche. Hier erfolgt der Einbezug der Angehörigen. Diese kennen den Ansprechpartner der Vollzugsanstalt. Indem auch hier ein gewisses Vertrauen hergestellt wird, haben die Angehörigen eher den Mut, sich bei Problemen anzuvertrauen. Eine Eskalation von Schwierigkeiten kann vermieden oder abgefedert werden.

4.2.5. Begleitete Besuche durch Angehörige in der Anstalt. Diese dienen dazu, den Angehörigen die Möglichkeiten aber auch Grenzen des offenen Vollzuges näher zu bringen und wirken enttabuisierend.

 

4.3. Bei der beruflichen Integration:

4.3.1. Die Entwicklung einer Arbeitshaltung (wenn erforderlich).

4.3.2. Die Unterstützung für das Erstellen von Bewerbungsunterlagen, Vermittlung von Strategien für die Stellensuche und das Bewerbungsgespräch.

4.3.3. Die Unterstützung bei einer Ausbildungsmaßnahme also der Auswahl einer geeigneten Maßnahme, der Hilfe, eine solche Maßnahme abzustimmen und erfolgreich zu absolvieren.

4.3.4. Die Unterstützung im Umgang mit dem Arbeitgeber, insbesondere bei Problemen mit diesem. Durch die Kontrolle der Lohneingänge und Arbeitsplatzkontrollen wird Verbindlichkeit hergestellt. Mögliche Probleme wie unregelmäßige Zahlungen werden frühzeitig erkannt, Gegenmaßnahmen können ergriffen werden.

 

4.4. Bei Behandlungsmaßnahmen:

Angeboten werden in der JVA Euskirchen derzeit:

4.4.1. Psychotherapie

Als Psychotherapeuten stehen im Köln-Bonn-Aachener Raum verschiedene Therapeuten zur Verfügung. Derzeit gibt es unter anderem Kontakt zu einem russischsprachigen und einer türkischsprachigen Therapeutin. Drei Therapeuten suchen ihre Klienten in der JVA Euskirchen auf, welche zu diesem Zweck einen Therapieraum eingerichtet hat. Die Klienten erhalten Sonderausgänge, um die Therapie wahrnehmen zu können. Sofern der Inhaftierte noch keiner versicherungspflichtigen Arbeit außerhalb der Anstalt nachgeht, wird die Therapie durch die Justiz gezahlt. So der Inhaftierte versicherungspflichtig angestellt ist, trägt gegebenenfalls die Krankenkasse die Kosten. Die Vermittlung und Beratung erfolgt durch den psychologischen Dienst.

4.4.2. Psychologische Gespräche zur Tataufarbeitung

Diese Gespräche werden durch den psychologischen Dienst der JVA Euskirchen durchgeführt. Bei den angebotenen Therapierichtungen handelt es sich um systemische Familientherapie sowie Verhaltenstherapie.

4.4.3. Soziales Training

Das soziale Training wird durch den Sozialdienst angeboten. Die Fähigkeit, den Alltag besser zu bewältigen wird trainiert, die Rückfallgefahr somit verringert.

4.4.4. Aggressions-Bewältigungs-Training (ABT)

Das Aggressions-Bewältigungs-Training ist ein Anti-Gewalt-Training, welches an die speziellen Voraussetzungen des offenen Vollzuges angepasst wurde. Im Verlauf der etwa neunmonatigen Trainingsmaßnahme finden wöchentliche Sitzungen statt, in welchen die Inhaftierten sich mit dem Thema Gewalt, der eigenen Aggressionsgeschichte und alternativen Verhaltensweisen auseinandersetzen.

4.4.5. Suchtberatung

Die Suchtberatung wird durch den Sozialdienst angeboten. Gegebenenfalls erfolgt eine Vermittlung zu AA- und NA-Gruppe, beispielsweise der Selbsthilfegruppe in Euskirchen vermittelt.

4.4.6. Schuldnerberatung

Die Grundberatung, also das erste Sondieren der Unterlagen erfolgt durch den Sozialdienst. Die Insolvenzberatung erfolgt durch externe Beratungsstelle, der Kontakt zu diesen wird durch den Sozialdienst koordiniert. Der Inhaftierte wird von seinem Hausbeamten bei der Tilgung der Schulden unterstützt.